Neue Methode in der Wildtiergenetik entwickelt

(19.08.2014) Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstitutes in Gelnhausen haben eine neue Methode entwickelt, um den „genetischen Fingerabdruck“ von Wölfen zu nehmen. Die Datenerhebung verspricht schneller, kostengünstiger und einfacher zu sein, als bei bisherigen Vorgehensweisen.

Wolfs-DNA kann Auskunft über Abstammung, Ausbreitung und die genetische Vielfalt der Tiere geben und Verursacher von gerissenen Tieren identifizieren. Die Studie ist kürzlich im Fachjournal „Molecular Ecology Resources“ erschienen. Sie dient als Pilotprojekt, um diese Technik auch für weitere Tierarten zu etablieren.


Stammt dieser Wolf aus Südeuropa? Die neuen genetischen Marker können darüber Aufschluss geben

Der Wolf ist nach Deutschland zurückgekehrt – und mit ihm viele Ängste, Unsicherheiten und Sorgen. Jäger, Landwirte und die Bevölkerung stehen der Rückkehr des scheuen Wildtieres häufig kritisch gegenüber.

„Umso wichtiger ist ein gutes Wolfsmanagement“, erklärt Dr. Carsten Nowak, Leiter des Fachgebietes Naturschutzgenetik am Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen und ergänzt: „Und hierzu brauchen wir Informationen über die Ausbreitung, Herkunft und genetische Diversität der Tiere.“

Seit dem Jahr 2009 fungiert Senckenberg deshalb als Referenzzentrum für Wolfsgenetik in Deutschland. „Wir erhalten Wolfs-DNA aus ganz Deutschland und darüber hinaus“, erzählt Nowak. Seine Kollegin, die Senckenberger Biologin Verena Harms untersuchte das Erbgut der Raubtiere bisher mit sogenannten Mikrosatelliten – kurzen, nichtcodierenden DNA-Sequenzen.

Nun hat das Team rund um Nowak eine neue genetische Methode zur Erfassung von Wolfsspuren entwickelt. „Wir haben in einer ersten Testreihe sogenannte SNPs genutzt, um das Erbgut der Wölfe zu charakterisieren“, erläutert Dr. Robert Kraus, ehemaliger Mitarbeiter in der Senckenberg Außenstelle in Gelnhausen, Leitautor der Studie und aktuell an der Universität Konstanz beschäftigt.

SNPs sind "Punktmutationen“, also Mutationen einzelner Basenpaare in einem DNA-Strang. Dadurch ergeben sich genetische Veränderungen, die sich zu einem gewissen Grad im Genpool einer Population durchgesetzt haben und dadurch messbar sind. So können Populationen von anderen genetisch unterschieden werden.

Die eindeutig identifizierbaren, kurzen DNA-Abschnitte lassen sich in besserer Qualität und zuverlässiger erheben. „Die Datenerhebung und -analyse, sowie der Datenaustausch könnten somit in Zukunft deutlich einfacher von der Hand gehen als die gleichen Vorgänge bei den zur Zeit verwendeten Mikrosatelliten“, meint Kraus.

Um die Vorgehensweise zu testen, haben die Wildtiergenetiker 158 Wolfsproben, wie Haare, Blut, Kot oder Speichel untersucht und daraus DNA extrahiert.

Das Wissenschaftlerteam verspricht sich von der neuen Methode einen standardisierten Austausch zwischen verschiedenen Laboren und letztlich ein internationales genetisches Wildtiermonitoring.

„Das ist wichtig, weil sich Wölfe nicht an Staatsgrenzen halten“, sagt Nowak und ergänzt: „Der im Jahr 2012 erschossene Wolf aus dem Westerwald stammte beispielsweise aus dem Alpenraum.“ Genetische Analysen im Gelnhäusener Forschungsinstitut hatten gezeigt, dass der „Westerwaldwolf“ identisch mit dem auf „Pierre-Luigi“ getauften Wolf aus Südeuropa war, der ein Jahr zuvor in Hessen angefahren worden war.

Weite Wanderungen werden bei Wölfen regelmäßig dokumentiert und „unterstreichen die Bedeutung einer länder- und staatenübergreifenden Vernetzung der Wolfsexperten“, vervollständigt Nowak.

„Der Wolf ist das erste Tier, das wir mit der neuen Methode der SNP-Marker bearbeiten. Sollte das Pilotprojekt erfolgreich sein – und danach sieht es aus – werden wir auch weitere Wildtiere, wie Wildkatzen, Biber, Fischotter und Braunbären aufnehmen“, gibt Kraus einen Ausblick auf die weitere Arbeit der Senckenberger Wildtiergenetiker.



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