Thünen-Wissenschaftler erproben Maßnahmen zum Schutz des Kiebitzes im Ackerbau

(23.03.2015) Mit der Rückkehr des Kiebitzes in seine Brutgebiete im März beginnt die praktische Phase des Projekts „Sympathieträger Kiebitz“. Im Rahmen dieses Projekts wollen Forscher, Naturschützer und Landwirte gemeinsam Maßnahmen entwickeln, mit denen der Bruterfolg des Kiebitzes im Zuge der praxisüblichen Flächenbewirtschaftung erhöht werden kann.

Das im August 2014 gestartete, bundesweite Projekt läuft bis 2019 und wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ gefördert.

Noch vor 50 Jahren war der gaukelnde Balzflug des Kiebitzes fast überall auf den Feldern und Wiesen in Deutschland zu sehen. In den vergangenen 20 Jahren ist sein Bestand jedoch um mehr als die Hälfte zurückgegangen.


Kiebitze bei der Schneebalz
Der wichtigste Grund: Im Grünland kann der Kiebitz durch den heute üblichen häufigeren Grasschnitt, höhere Weidetierzahlen auf den Flächen und dichtere Pflanzenbestände seltener erfolgreich brüten. Ackerbaulich genutzte Flächen sind in einigen Gebieten Deutschlands mittlerweile die wichtigsten Brutstandorte für den Kiebitz.

„Im Braunschweiger Umland schaffen der Mais- und Zuckerrübenanbau für den Kiebitz attraktive Bedingungen zu Beginn der Brutzeit. Diese Sommerungen bieten im Frühjahr weit überblickbare Flächen ohne oder mit kurzem Bewuchs.

Als typischer Offenlandvogel fühlt sich der Kiebitz dort wohl“, erläutert Dr. Norbert Röder. Er und seine Kollegin Dr. Laura Breitsameter arbeiten am Thünen-Institut für Ländliche Räume, dem Projektpartner für den Raum Braunschweig.

Die beiden Wissenschaftler wollen die Kiebitzvorkommen auf Ackerflächen in der Region genauer erforschen. „Während gut bekannt ist, welche Faktoren im Grünland für Vorkommen und Bruterfolg des Kiebitzes wichtig sind, wissen wir im Ackerland noch vergleichsweise wenig“, sagt Laura Breitsameter.

Mit Unterstützung von Vogelkundlern wollen die beiden herausfinden, wie brütende Kiebitze und ihre Küken die Ackerflächen als Lebensraum nutzen: „Basierend darauf wollen wir einfache, in den Produktionsablauf integrierte Maßnahmen entwickeln, die den Lebensraum für den Kiebitz auf Ackerflächen verbessern können.“

Zwei dieser Maßnahmen erprobt das Thünen-Institut bereits in diesem Frühjahr zusammen mit Landwirten im Braunschweiger Umland: erstens eine Gelegeschutzmaßnahme, die sicherstellt, dass das Nest des Bodenbrüters bei der Bodenbearbeitung, Aussaat und bei weiteren pflanzenbaulichen Maßnahmen auf der Fläche nicht zerstört wird, zweitens die Anlage einer besonders bewirtschafteten „Kiebitzinsel“ in der Nähe des Nests, die dem Kiebitz zusätzliche Nahrungsflächen schafft. Mit den Landwirten werden einjährige Bewirtschaftungsverträge abgeschlossen.

Die Versuchsflächen liegen zwischen Schöppenstedt und Meine im Osten und Ilsede im Westen. Neben den Landwirten stellt die Stadtentwässerung Braunschweig im Bereich des Rieselbetriebes Steinhof Versuchsflächen zur Verfügung.

Nach Ablauf jeder Brutsaison werden Landwirte und Wissenschaftler die Erfahrungen über den Aufwand für die Bewirtschafter und die Auswirkungen auf den Kiebitzbestand gemeinsam diskutieren, um die Maßnahmen weiterzuentwickeln.

„Als Landwirt will ich nicht nur qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen, sondern habe auch eine Verantwortung für den Erhalt unser heimischen Tier- und Pflanzenwelt“, so Torsten Noske, einer der beteiligten Landwirte. „Ich hoffe, dass dieses Projekt Wege aufzeigt, wie wir Landwirte einen unserer attraktivsten Feldvögel erhalten und fördern können.“

Mit ihrer Teilnahme an dem Projekt können die Landwirte im Raum Braunschweig einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des Kiebitzes leisten. Laut einer vogelkundlichen Erhebung aus dem Jahr 2014 brüten knapp 70 % des regionalen Kiebitzbestandes in Mais- oder Zuckerrübenfeldern.



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