Neue Methode für Hormonforschung bei Wildtieren

(28.01.2015) Zur Erforschung von Wildtieren werden häufig hormonelle Abbauprodukte in Kot und Urin untersucht. Ein Forscherteam vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin hat nun eine Methode entwickelt, mit der Messungen dieser Abbauprodukte in Langzeitstudien und zwischen verschiedenen Laboren verglichen werden können.

Die Studie wurde jetzt im wissenschaftlichen Fachblatt „Methods in Ecology and Evolution“ veröffentlicht.

Wie lassen sich Erkenntnisse über Lebewesen gewinnen, die extrem scheu, vielleicht auch gefährlich oder nur an schwer zugänglichen Orten anzutreffen sind? Eine bewährte Methode besteht darin, ihre „Hinterlassenschaften“ zu untersuchen.

Wissenschaftler können aus Kot, Urin und Speichel heute vieles ablesen. So lassen sich beispielsweise aus Messungen der Abbauprodukte (Metabolite) von Steroidhormonen Rückschlüsse auf das soziale oder sexuelle Verhalten von Tieren ziehen.


Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) im Ngorongoro-Krater in Tansania

Auch darüber, wie gefährdete Arten physiologisch auf Störungen ihres Lebensraums reagieren, das heißt, wieviel Stress sie dabei empfinden, geben Konzentrationen bestimmter Hormonrückstände in tierischen Ausscheidungen Anhaltspunkte.

Um die Konzentration von Hormonmetaboliten in Kot oder Urin zu messen, wird ein Enzymimmuntest durchgeführt. Dabei binden spezifisch entwickelte Antikörper an die gesuchten Metabolite; die Anzahl der gebundenen Antikörper liefert dann ein Maß für die Konzentration der Metabolite in einer Probe.

Bestimmte Eigenschaften der Metabolite und Änderungen der Testbedingungen können die Messgenauigkeit des Enzymimmuntests beeinflussen und dazu führen, dass die gemessene Konzentration der Metabolite von der tatsächlichen Konzentration abweicht.

Solche Unterschiede können vernachlässigt werden, wenn sie bei allen Proben gleich groß sind und es auf die relativen Veränderungen der Konzentrationen ankommt, wie beispielsweise beim Einsetzen der Paarungsbereitschaft oder bei drastischen Veränderungen der Lebensumstände.

Wenn die Messgenauigkeit der Enzymimmuntests jedoch deutlich variiert, beispielsweise im Verlauf einer Langzeitstudie, bei der Messungen in verschiedenen Jahren stattfinden, sind die Ergebnisse nicht mehr vergleichbar bzw. es würden falsche Schlüsse gezogen werden.

Bislang war der einzige Ausweg, alle Proben gemeinsam in einem Durchgang zu messen, was gerade bei großen Probensätzen sehr zeit- und kostenaufwendig ist. Oftmals sind Proben auch einfach nicht mehr verfügbar.

Die beiden Verhaltensökologinnen Eve Davidian und Dr. Sarah Benhaiem haben nun gemeinsam mit ihren IZW-Kollegen eine mathematische Methode entwickelt, mit der Ergebnisse von Enzymimmuntests auch dann vergleichbar sind, wenn sich die Testbedingungen verändern.

Zur Validierung ihrer Methode sammelten die Forscher im Rahmen einer seit 1996 laufenden Langzeitstudie über Tüpfelhyänen knapp 500 Kotproben im Ngorongoro-Krater in Tansania.

Bei den zu mehreren Untersuchungszeitpunkten ermittelten Konzentrationen der Metabolite von Cortisol (dem sogenannten Stresshormon) war die Messgenauigkeit des Enzymimmuntests unterschiedlich.

Die neue Methode ermöglichte es jedoch, aus Teilsätzen von nur 27 Proben vergleichbare Messergebnisse zu bestimmen. „Unsere Methode standardisiert die Konzentration von Hormonmetaboliten auf einfache Weise und kann für eine Vielzahl von Tierarten, Probentypen und Hormonen kostengünstig angewendet werden“, berichten die Autoren.

Die neue Methode dürfte neben der Anwendung in Langzeitstudien, die typischerweise mit großen Probenmengen operieren, besonders für internationale Gemeinschaftsprojekte interessant sein, die Laborarbeiten an verschiedenen Orten durchführen, denn in unterschiedlichen Laboren ist die Messgenauigkeit der Enzymimmuntests oft verschieden.

Damit dürfte die neue Analysemethode auch zum besseren Verständnis komplexer Prozesse beitragen, wie der Wechselwirkung zwischen Steroidhormonen, Verhaltensweisen und Krankheiten. „So können künftig noch genauere Erkenntnisse zur Erhaltung und zum Schutz von Wildtieren gewonnen werden“, betont Eve Davidian.

Publikation

Davidian E, Benhaiem S, Courtiol A, Hofer H, Höner OP, Dehnhard M (2015): Determining hormone metabolite concentrations when enzyme immunoassay accuracy varies over time. METHODS ECOL EVOL; doi:10.1111/2041-210X.12338.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/2041-210X.12338/abstract



Weitere Meldungen

Vetmeduni Vienna

Vögel: Zugunruhe durch Hormonrausch

Die weiten saisonalen Reisen von Zugvögeln sind ein bekanntes Phänomen. Doch welche hormonellen Vorgänge stecken dahinter? 
Weiterlesen

Alexandra Mutwill; Bildquelle: Oliver Krüger

Verhaltensbiologen der Universität Münster weisen vorteilhafte hormonelle Veränderungen bei Meerschweinchen nach

Vor allem durch die Forschung mit Meerschweinchen ist seit Längerem bekannt, dass die soziale Umwelt während der Adoleszenz einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie sich Individuen im späteren Leben verhalten.
Weiterlesen

Kot statt Spritze: Neuer, deutlich einfacherer Hormontest; Bildquelle: Bettina Wernisch/Vetmeduni Vienna

Kot statt Spritze: Neuer, deutlich einfacherer Hormontest

Hormontests erfolgen meist durch Blutabnahme, da alternative Methoden erst etabliert werden müssen. Einem Forschungsteam der Vetmeduni Vienna gelang nun ein entscheidender Durchbruch bei der Hormonbestimmung
Weiterlesen

Schweine reagieren empfindlich auf erhöhte Dosen von hormonaktiven Substanzen; Bildquelle: Colourbox/ETH Zürich

Hormonzusatz hinterlässt Spuren

Bei Schweinen führen hormonaktive Substanzen zu einer veränderten Genexpression, von der auch die nächste Generation betroffen ist. Das weist ein Team von Forscherinnen der ETH Zürich und der TU München nach
Weiterlesen

Universitätsklinikum Leipzig AöR

Zur Rolle von Hormonen in der Milch

Prof. Wieland Kiess gibt in Publikation erstmals Überblick über die Wirkungen von Hormonen in Muttermilch und tierischer Milch
Weiterlesen

Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT)

Gynäkologische Praktiken zur hormonellen Beeinflussung von Sportstuten sind meist tierschutzwidrig

Der normale Hormonzyklus kann bei Stuten das Training und die Leistung in Wettkämpfen beeinflussen
Weiterlesen

Illustration eines autonom arbeitenden Analysesystems zur Hormonmessung an Vögeln im Freiland; Bildquelle: Wolfgang Goymann und Richard Bruch

Die Max-Planck-Gesellschaft fördert ein Projekt zur Hormon-Untersuchung bei Vögeln mit 1,52 Millionen Euro

Die Max-Planck-Gesellschaft hat den Antrag für die Entwicklung eines kleinen, autonom arbeitenden Analysesystems bewilligt, das verschiedene Hormone im Blut von Vögeln im Freiland messen soll
Weiterlesen

Östrogen schützt Knochen vor Veränderung durch die Kontrolle des Botenstoffs RANKL in den Knochenbelegzellen; Bildquelle: Erben, Scientific Reports

Östrogen reguliert krankhafte Veränderungen von Knochen über Knochenbelegzellen

Das weibliche Sexualhormon Östrogen ist ein wichtiger Faktor für die strukturelle Stabilität der Knochen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen