Nachwuchs im Hause Luchs: Vier Jungtiere bereichern den fragilen Alpenbestand

(10.09.2014) Erfreuliche Nachrichten mischen sich unter Trauer um das in Kärnten auf mysteriöse Weise verschwundene Luchsmännchen „Alus“

Nach der erschütternden Nachricht um das in Kärnten auf mysteriöse Weise verschwundene Luchsmännchen „Alus“ erreichten kürzlich auch erfreuliche Botschaften das Artenschutzteam des WWF: Sowohl in den oberösterreichischen Kalkalpen als auch in den Karnischen Alpen nahe Österreichs südlicher Grenze zu Italien gab es Luchs-Nachwuchs.

Die Mütter der jeweils zwei Welpen sind Kora und Jura. Diese Luchsinnen wurden 2011 beziehungsweise 2014 aus der Schweiz in die Kalkalpen und ins Kanaltal umgesiedelt, um die kleinen regionalen Luchsvorkommen zu stärken.

Denn obwohl der Alpenraum den Luchsen bestens geeignete Lebensbedingungen mit reichem Nahrungsangebot bietet, ist ihre Zukunft noch lange nicht gesichert. Umso mehr freut sich Christian Pichler vom WWF Österreich über den Zuwachs an vier Jungtieren: „Wenn Europas größte Raubkatze langfristig in Mitteleuropa überleben soll, muss es uns innerhalb der nächsten Jahre gelingen, die verstreut lebenden Luchse zu vernetzen und dadurch ihren Genpool aufzufrischen.

Österreich spielt dabei als Drehscheibe für die verschiedenen Luchspopulationen eine Schlüsselrolle“, so der Biologe.

Nach über 100-jähriger Abwesenheit erobern sich die Pinselohren nach und nach ihren ursprünglichen Lebensraum zurück. Allerdings geht die Ausbreitung nur schleppend voran. Es verhindert unter anderem die fehlende Akzeptanz durch den Menschen den Aufbau einer großen, stabilen Population der geschützten Tiere.

„Wir wissen, dass Luchse heimlich sind - also sehr zurückgezogen leben - und sich im Alpenraum überwiegend von Rehen und Gämsen ernähren“, erklärt Pichler.

Ein Großteil der heutigen mitteleuropäischen Luchsvorkommen geht auf Wiederansiedelungsprojekte zurück, die seit vier Jahrzehnten in Tschechien, Slowenien, Kroatien, Frankreich, der Schweiz und in Österreich durchgeführt werden. Eine bedeutende Rolle für die Artenvielfalt spielen dabei Nationalparks. Für den Luchs, der Reviere von mehr als 100 Quadratkilometer benötigt, sind diese Schutzgebiete jedoch zu klein, um sein Überleben zu sichern.

Artenvielfalt muss auch außerhalb von Schutzgebieten aktiv gefördert werden

Der WWF fordert deshalb mehr Engagement der Bundesländer Niederösterreich und der Steiermark ein. Sie würden ein wichtiges Verbindungsglied zu den Luchsvorkommen in Oberösterreich darstellen - dem einzigen Österreichischen Bundesland, das derzeit die Rückkehr des Luchses vorantreibt.

„Wichtig ist jetzt, mutige Entscheidungen zu treffen, Verantwortung für das Überleben des Luchses in Österreich zu übernehmen und weitere strategische Auswilderungen durchzuführen, damit die beiden Bestandsstützungsprojekte in und nahe Österreich nicht auf halber Strecke steckenbleiben“, unterstreicht Pichler.

Derzeit kämpfen vor allem engagierte Einzelinitiativen für das Überleben der Luchse. So leisten die Projekte „LUKA“ im Nationalpark Kalkalpen und das „Progetto Lince Italia“ unter der Leitung des Wildbiologen Paolo Molinari im Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien maßgebliche Beiträge.

Der WWF unterstützt diese beiden Projekte. Christian Pichler unterstreicht: „Um die kleinen und räumlich weit auseinanderliegenden Luchsvorkommen der Kalkalpen und des Mühl- und Waldviertels mit den Tieren im Kärntner Grenzgebiet zu vernetzen, ist eine österreichweite Anstrengung gefragt. Schließlich handelt es sich beim Eurasischen Luchs um eine gemäß EU-Recht aktiv zu schützende Tierart.“

Vor diesem Hintergrund trifft das mysteriöse Verschwinden eines Luchsmännchens im Kärntner Lesachtal alle Projektpartner besonders hart. In einem so kleinen Vorkommen erfüllt jedes Tier eine besonders wichtige Rolle und ist für den Erfolg der Bestandsstützung entscheidend.

Beschämend ist, dass das Tier nach nur kurzem Aufenthalt auf Österreichischer Seite verschwunden ist. Die Umstände müssen unbedingt geklärt werden.



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