Female Gibbon Li ZiangHuang
Gibbons � Die vergessenen Menschenaffen sterben aus

Thomas Geissmann, Dozent am Anthropologischen Institut der Universität Zürich, beschäftigt sich seit Jahren mit den Gibbons, den wenig bekannten und akut vom Aussterben bedrohten kleinen Menschenaffen. Zu ihrem Schutz wurde nun die Gibbon Conservation Alliance (GCA) gegründet, die auf das Schicksal der Gibbons aufmerksam machen will und sich für deren Rettung und Schutz einsetzt.

Gibbons sind im Gegensatz zu ihren grossen Verwandten – Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen – die am wenigsten bekannten und erforschten Menschenaffen. Dabei ist die seltenste Affenart überhaupt ein Gibbon. Beheimatet sind die Gibbons in Südostasien und umfassen vier Gattungen (Siamangs, Hulocks, Schopfgibbons und Kleingibbons), die verwandtschaftlich ebenso weit auseinander liegen wie Mensch und Schimpanse.

Wie die langjährige Arbeit des Zürcher Primatenforschers Thomas Geissmann belegt, sind viele Gibbons akut vom Aussterben bedroht. Resultate seiner neuesten Expeditionen zeichnen ein erschreckendes Bild vom Rückgang dieser bedrohten Menschenaffen: Der Cao-Vit Gibbon von Vietnam kommt nur noch in einem einzigen Waldstück an der chinesischen Grenze vor, mit einem Bestand von total 28 Individuen. Der Hainan-Schopfgibbon der Insel Hainan, der noch zu Beginn der 60-er Jahre auf 2000 Tiere geschätzt wurde, ist auf genau 13 Individuen geschrumpft, die ebenfalls ein einziges Waldgebiet bewohnen. Die Gibbons werden durch anhaltende Abholzung der tropischen Wälder und die zunehmende Habitatzerstückelung ihrer Lebensgrundlage beraubt. Beispielsweise haben die Gibbons in China 99% ihres Lebensraumes verloren.

Zudem werden sie in ihrem natürlichen Lebensraum weiterhin gejagt, sowohl als Nahrung als auch zur Herstellung von Heilmedikamenten. Schliesslich sind junge Gibbons auch begehrte Haustiere. Viele Gibbonmütter werden abgeschossen, um die hilflosen Jungtiere anschliessend auf dem Tiermarkt zu verkaufen.

Was die Gibbons für uns Menschen interessant macht, sind jene Attribute, die sie mit uns, aber nicht mit anderen Menschenaffen teilen: Gibbons leben in monogamen Familienstrukturen, sie bewegen sich auf dem Boden fast immer zweibeinig fort und weisen dabei Ähnlichkeiten zum aufrechten Gang des Menschen auf. Zusätzlich sind auffällige Parallelen zur menschlichen Musikalität erkennbar: Gibbons stimmen in den Morgenstunden lange, melodiöse Duettgesänge an. In vielen Gebieten Asiens sind diese Gesänge aber bereits verstummt.

Dr. Thomas Geissmann
Anthropologisches Institut, Universität Zürich-Irchel

Winterthurerstrasse 190
CH-8057 Zürich
Fon: +41-44-635 54 15 oder: +41-44-635 54 11
Fax: +41-44-635 68 04

[email protected]

Weitere Informationen: Gibbon Conservation Alliance (www.gibbonconservation.org)
und Gibbon Research Lab. (www.gibbons.de)

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