Älteste Krabbenlarve der Welt entdeckt

(14.04.2015) 150 Millionen Jahre alt und trotzdem überraschend modern: LMU-Zoologen beschreiben die älteste bisher bekannte Krabbenlarve der Welt.

Lebende Krabbenlarven fängt man heute in jedem Planktonnetz massenhaft. Fossile Larven aber sind eine echte Rarität: Das Exemplar, das die LMU-Zoologen Joachim und Carolin Haug nun gemeinsam mit Joel Martin vom Natural History Museum of Los Angeles im Fachblatt Nature Communications vorstellen, ist erst der zweite bekannte Fund – und entpuppte sich mit einem Alter von 150 Millionen Jahren als die älteste und am besten erhaltene Krabbenlarve der Welt.

Ein privater Sammler entdeckte das Fossil in den berühmten Solnhofener Plattenkalken des Fränkischen Jura. „Erstaunlicherweise hat die Larve schon eine sehr moderne Morphologie und ist äußerlich von vielen heutigen Krabbenlarven kaum zu unterscheiden“, sagt Joachim Haug.

Echte Krabben (Brachyura) durchlaufen während ihrer Entwicklung zwei spezialisierte Larvenformen, die planktonischen Zoea-Stadien und die sogenannte Megalopa, wie die neu entdeckte Larve eine ist. Die Megalopa bildet eine Übergangsform zwischen den Zoea-Stadien und den bodenlebenden älteren Krabben.

„Jedes Entwicklungsstadium besetzt eine eigene ökologische Nische, was vermutlich dazu beiträgt, dass diese Krabben eine hoch erfolgreiche und sehr artenreiche Tiergruppe sind. Unser Exemplar ist die einzige bekannte versteinerte Megalopa der Welt und ermöglicht ganz neue Einblicke in die Evolution der Krabben“, erzählt Haug.

Unabhängige Evolution von Larven und adulten Tieren

Die ersten Vertreter der Echten Krabben erschienen in der Jurazeit vor rund 180 Millionen Jahren. Ihre Aufspaltung in zahlreiche spezialisierte Arten begann in der Kreidezeit vor etwa 100 Millionen Jahren, wobei vor etwa 50 Millionen Jahren die Artenvielfalt noch einmal signifikant zunahm.

Trotz ihres vergleichsweise späten Starts entwickelte sich die Gruppe also morphologisch und ökologisch rasch weiter. Über die frühe Evolution der Krabben ist bisher aber nur wenig bekannt. „Die frühen Formen erwachsener Krabben sind noch wenig spezialisiert und sehr urtümlich“, sagt Haug, „die fossile Larve dagegen könnte problemlos in eine der heutigen Krabbengruppen eingereiht werden.

Schwanzfächer, Beine, Augen und Schild etwa sehen schon weitgehend so aus wie bei vielen heutigen Arten“. Dieses Erscheinungsbild deutet darauf hin, dass die Larve als kleiner Räuber und Aasfresser auch bereits dieselbe ökologische Nische wie heutige Megalopae besetzte. Deren modern anmutende Morphologie ist demnach ein uraltes Erfolgsrezept.

Aus der Diskrepanz zwischen der urtümlichen Erscheinung der erwachsenen Tiere und der modernen Erscheinung der Larven schließen die Wissenschaftler, dass die Evolution der Krabbenlarven und der erwachsenen Krabben unabhängig voneinander ablief: Während die Larven sich schon früh spezialisierten, verharrten die erwachsenen Tiere noch in ihren ursprünglichen Formen – in diesem Fall haben die Kinder also den Eltern etwas voraus.

(Nature Communications 2015) göd



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