Influenzavirus ist Ursache des Seehundsterbens

(20.10.2014) Über das etablierte Frühwarnsystem wurde seit Anfang Oktober ein vermehrtes Auftreten schwerkranker und toter Seehunde an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins registriert. Seitdem wurden auf Helgoland, Sylt, Amrum und Föhr insgesamt 350 Seehunde gefunden.

Tiere von verschiedenen Standorten waren zur Untersuchung an Institute der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in Büsum und Hannover gebracht worden (Institut für Pathologie, Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW), Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ)).


Seehund

Die Untersuchungen in der vergangenen Woche haben bisher ergeben, dass die Tiere an Lungenentzündungen erkrankt sind. Dabei wurden neben Lungenwürmern auch Bakterien wie Streptokokken gefunden. Ein Staupevirus, das 1988/89 und 2002 zu Seehundsterben führte, ist nicht nachgewiesen worden.

 Dagegen wurde bei einem großen Teil der untersuchten Seehunde ein Influenzavirus festgestellt. In den kommenden Wochen werden weitere Untersuchungen zur Abklärung seiner Eigenschaften durchgeführt. Die Anzahl der Tiere, die starben, ist bisher geringer als bei den beiden Staupeseuchenzügen.

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)

Hochpathogenes aviäres Influenzavirus A H5N8 bei mehreren Seehunden im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer entdeckt

Das Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hat in Proben von zwei Seehunden Infektionen mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus nachgewiesen
Weiterlesen


Vermehrte Todesfälle bei Seehunden wurden im Sommer in den dänischen und schwedischen Gewässern des Kattegats registriert. Auch dort wurde bei sechs Tieren Influenza nachgewiesen.

Seehunde können ebenso wie andere Wildtiere regelmäßig verschiedene Erreger, die auch auf den Menschen übertragbar sind, beherbergen. Spaziergänger sollten daher - wie bisher - immer Abstand zu kranken und toten Seehunden oder anderen Wildtieren halten. Man soll die Tiere nicht berühren und Hunde angeleint fernhalten. So kann einer möglichen Übertragung von Krankheitserregern vorgebeugt werden.

Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN-SH) und die Seehundjäger sind vorbereitet, falls das Seehundsterben sich verstärken sollte, wie Dr. Detlef Hansen, Leiter der Nationalparkverwaltung im LKN-SH, darlegt: „Mit den anderen beteiligten Behörden und Institutionen haben wir den bei der Staupeepidemie bewährten Aktionsplan mit seinem Ampelsystem ‚Grün-Gelb-Rot’ weiterentwickelt.

Er legt für die gesamte Westküste fest, wie auch größere Mengen toter Tiere geborgen und entsorgt werden. Wir sind jetzt in der Stufe Grün, bei der noch alles mit der üblichen Logistik zu bewältigen ist.

Die meiste Arbeit leisten unsere speziell ausgebildeten Seehundjäger, die ehrenamtlich arbeiten. Sie haben einen im Wortsinn oftmals schweren Job. Mitunter müssen sie sterbenskranke Tiere von ihren Leiden erlösen. Meine Hochachtung und mein Dank geht an sie.“

Der Wattenmeerbestand der Seehunde ist nach Einschätzung der Fachleute durch das aktuelle Seehundsterben nicht gefährdet. „Wir gehen davon aus, dass die Seehundgrippe ein natürlicher Vorgang ist.

Unsere Nationalparke sind Orte, an denen natürliche Prozesse möglich und gewollt sind. Hier gilt das Prinzip ‚Natur Natur sein lassen’. Natur, das sind aber nicht nur blühende Salzwiesen und riesige Vogelschwärme. Auch der Tod ist Teil der Natur“, gibt Hansen zu bedenken.

Die im dänisch-deutsch-niederländischen Wattenmeer lebenden Seehunde bilden eine gemeinsame Population. Um 1900 lebten hier schätzungsweise 37.000 Seehunde. Vor allem wegen der Bejagung schrumpfte die Population auf etwa 4.000 Tiere im Jahr 1974.

Nach der wattenmeerweiten Einstellung der Jagd stieg sie deutlich an und erholte sich auch nach den Seehundsterben 1988 und 2002 innerhalb weniger Jahre. Derzeit leben etwa 40.000 Seehunde im dänisch-deutsch-niederländischen Wattenmeer, davon etwa 12.000 in Schleswig-Holstein.

Die Seehundsterben 1988 und 2002 waren durch den zunächst unbekannten Seehundstaupevirus (PDV) ausgelöst worden. Damals waren 5.800, bzw. 3.600 Seehunde im schleswig-holsteinischen Wattenmeer gestorben, 60 % bzw. 40 % des jeweiligen Bestandes.

Seehunde sind geschützt und dürfen nicht bejagt werden, sie unterliegen jedoch dem Jagdrecht. Deshalb kümmern sich in Schleswig-Holstein rund 40 speziell geschulte Seehundjäger - die aus traditionellen Gründen diesen Namen behalten haben - um die kranken oder toten Tiere.

Maßgeblich für ihr Handeln sind die einheitlichen Regelungen, die die zuständigen Natur-, Jagd- und Tierschutzbehörden Schleswig-Holsteins, Hamburgs und Niedersachsens 1997 dazu vereinbart haben.



Weitere Meldungen

Seehund-Laus; Bildquelle: Anika Preuss

Seehund-Läuse sind Königinnen des Klammerns

Forschende der Uni Kiel entschlüsseln überlegene Haltekräfte der Seehund-Laus, ein obligater Ecktoparasit, unter extremen Bedingungen im Meer
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Forschende der TiHo untersuchen das Jagdverhalten von Seehunden mit Kameras

Wo finden Seehunde ihre Nahrung? Wie jagen Sie? Wo halten sie sich auf? Um mehr über das natürliche Verhalten von Seehunden (Phoca vitulina) zu lernen, testeten Forschende speziell angefertigte Kameras, die sie auf zwei Seehunden befestigten.
Weiterlesen

Ein Seehund schwimmt sein Ziel relativ zu vier Landmarken unter Wasser an; Bildquelle: Eric Maaß/Universität Rostock

Wie Seehunde ein Ziel mit Hilfe von Landmarken finden

Seehunde sind Küstenbewohner. Auch an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns können die Tiere bei ihren Ruhephasen am Strand oder auf einem Felsen beobachtet werden.
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)

Hochpathogenes aviäres Influenzavirus A H5N8 bei mehreren Seehunden im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer entdeckt

Das Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hat in Proben von zwei Seehunden Infektionen mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus nachgewiesen
Weiterlesen

Eine Kegelrobbe frisst einen Artgenossen; Bildquelle: Abbo van Neer

Kegelrobben fressen Seehunde, Schweinswale – und ihre Artgenossen

TiHo-Forschende untersuchten über sechs Jahre das Jagd- und Fressverhalten von Kegelrobben
Weiterlesen

Juveniler Seehund; Bildquelle: Thomas Taupp, BfG

Volkszählung bei den Seehunden in der Tideelbe

Wie viele Seehunde halten sich auf den Wattflächen der Tideelbe auf? Dieser Frage gingen Bundesanstalt für Gewässerkunde-Wissenschaftler nun erstmals nach
Weiterlesen

Ein Seehund, der gelernt hat, für Verhaltensstudien eine Augenmaske und Kopfhörer zu tragen.; Bildquelle: Marine Science Center Rostock

Wie Seehunde Fische fangen können, die regungslos am Grund liegen

Eine Forschergruppe an der Universität Rostock hat ein lange bestehendes Rätsel gelöst: Wie finden Seehunde ihre Beute, wenn sie sich am Grund oder im Sand versteckt?
Weiterlesen

LAVES

Bilanz der Seehund-Zählflüge zwischen Ems und Elbe

Der Seehundbestand im Niedersächsischen Wattenmeer hat sich auf hohem Niveau stabilisiert: 9.339 Tiere sind in diesem Sommer während der Flüge im Wattengebiet zwischen Ems und Elbe gezählt worden
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen